Im Normalfall formulieren sich künstlerische Projekte   und Ausstellungen dort, wo eine möglichst große Aufmerksamkeit für sie zu erwarten   ist: Ihr Publikum suchen sie in den Zentren der Metropolen, im Kern gesellschaftlicher   Aktivitäten und in kunstspezifischen oder urbanen Kontexten. 
        Das   Projekt "Local to Local" formuliert hier einen wichtigen Perspektivwechsel: entgegen   dieser üblichen Konzentration fokussiert es lokale Strukturen und Qualitäten,   landschaftlich geprägte Peripherien, Orte des Übergangs, Resträume und dezentral   organisierte Lebensräume, die ihre kulturellen Prägungen mehr durch ihre Bewohner   erfahren als durch übergeordnete Strukturen. 
        Unter den   Voraussetzungen einer wesentlich ökonomisch orientierten Gesellschaft zeichnet   sich ein Wertigkeitsgefälle auch im Bezug auf Räumlichkeiten ab, das sich immer   stärker polarisiert: während sich die Zentren moderner Metropolen als globale   Knotenpunkte westlicher Waren- und Dienstleistungsökonomien stetig aufwerten,   wird deren Peripherie und das darauffolgende "Hinterland" mehr und mehr unattraktiv:   in manchen Landschaften sinkt das politische wie ökonomische Interesse so stark,   dass sich nahezu rechtsfreie Räume entwickeln. Interessant ist dabei, dass diese   Räume den dort verbleibenden Protagonisten in größtmöglicher Freiheit und Selbstbestimmung   überlassen werden, um sie unter minimaler sozialer Kontrolle zu halten.
         Die relative Unsichtbarkeit im Windschatten der Kernstädte, das Desinteresse klassischer   Ökonomien und eine latente Unaufmerksamkeit der Gesellschaft gegenüber solchen   Orten schafft hier am Rand oft ein subtiles Mikroklima mit interessanten Perspektiven:   während in den überregulierten Zentren eine Unmenge an politischer, repräsentativer   und ökonomischer Struktur generiert wird, entsteht hier oft ein informelles Mehr   an inhaltlicher Produktion, die direkt von ihren Bewohnern getragen wird. Wo die   Metropole (oder Welt-stadt) in ihrem Bedürfnis, die ganze Welt an einem Ort abzubilden   einen Kurs der Universalisierung, Subsummierung und Reduktion einschlägt, suchen   sich an den Rändern Individualökonomien und heterogenste Lebensentwürfe neben   traditionellen Wegen eine Form. Dezentral organisierte Räume, Zwischenökonomien   und eine weitgehende Selbstorganisation der Protagonisten dieser Gegenden bestimmen   das Bild einer Landschaft, die sich aus sich selbst heraus generiert. 
        Diese   Strukturen entwickeln sich offensichtlich nicht entlang gesetzter Normen, sondern   entlang lokaler Einflüsse und der kulturellen Prägungen ihrer Protagonisten. Sie   können weder erdacht noch prognostiziert werden, sondern werden von den Bewohnern   in einer direkten Interaktion mit den lokalen Umständen eher ausgeworfen als geplant   oder organisiert. John Brinckerhoff Jackson nutzt für diese Landschaften den Begriff   des Vernakulären: "Es sind Landschaften, deren Bewohner keine Monumente hinterlassen,   sondern nur Zeichen des Aufgebens oder Erneuerns. Mobilität und Wandel sind die   Schlüssel zur vernakulären Landschaft, aber eher unfreiwillig und wiederstrebend.   Sie sind nicht Ausdruck von Ruhelosigkeit und Suche nach Verbesserungen, sondern   vielmehr von einer nicht enden wollenden, geduldigen Anpassung an die Umstände.   Viel zu oft geht diese Anpassung auf willkürliche Entscheidungen der Mächtigen   zurück. Aber ebenso spielen natürliche Bedingungen, Ignoranz, das blinde Vertrauen   in lokale Konventionen und die Abwesenheit langfristiger Ziele eine Rolle: das   Fehlen dessen also, was wir zukünftiges historisches Bewusstsein nennen würden."(2)   Diese Landschaften entstehen also aus einer direkten Übersetzung ihres Kontexts   in praktische Lebensentwürfe. 
        Der Sprung zu künstlergenerierten   Projekten erscheint von hier aus zunächst weit, aber trotzdem möglich: in der   nervösen, gedrängten Enge der herkömmlichen Zentren künstlerischer Produktion   wird es dem Ein oder Anderen oft zu eng. Viele KünstlerInnen suchen in selbstgenerierten   Projekten eine Handlungsautonomie zurück zu erlangen, die sich entlang inhaltlicher   Fragen anstatt herkömmlicher Marktstrukturen formuliert. Dass sie sich dabei oft   einer intensiven Konextualisierung ihrer Arbeit öffnen zeigt ihr Interesse an   einer Übernahme auch politischer und gesellschaftlicher Verantwortung. Wie die   lokalen Protagonisten befragen sie dabei oft den sie umgebenden Raum auf neue   Inhalte, Interessen, Strukturen und Formensprachen, um direkt aus ihm neue Fragen   zu entwickeln: wo und unter welchen Umständen generieren sich neue oder andere   Klimata, die andere Vorgehensweisen nahe legen, zulassen oder fordern? Geben diese   Räume durch ihre Struktur auch positive Anstöße für künstlerische Arbeit und die   Entwicklung neuer Konzepte? 
        Bei dieser Orientierung liegt   die Peripherie, der Restraum oder das Land nicht mehr weit: die beschriebenen   Qualitäten lokal geprägter Räume, ihre latente Entvölkerung und strukturelle Aufweichung   lassen sie nahezu zu klassischen Pionierräumen werden. Die Ambivalenz ihrer Situation,   ihre latente und oft erzwungene Offenheit für den Wandel, die Notwendigkeit eigenständigen   und oft improvisierten Handelns bei gleichzeitiger Rückbindung an Traditionen,   die in den Zentren längst überschrieben sind, setzen hier ein ambivalentes, heterogenes   Handlungsfeld. 
        Dieses Feld steht im Zentrum des von KünstlerInnen   selbst generierten Projekts "Local to Local". Andreas Geisselhardt, Jang- young   Jung, Gabriela Oberkofler, Kestutis Svirnelis, Markus Ambach und Ilke Yilmaz,   die sich- alle aus unterschiedlichen Herkunftsländern stanmmend- in Stuttgart   getroffen haben, bereisen im Projekt ihre jeweiligen Herkunftsländer Süd- Korea,   Italien, Deutschland, Litauen und die Türkei. In kontextbezogenen Projekten vor   Ort versuchen sie dabei, die jeweiligen lokalen Strukturen und Eigenarten zu reflektieren,   in Bezug zueinander zu setzen, ihnen in einem direkten Dialog zwischen lokalen   Akteuren und Künstlern eine vitale Sichtbarkeit zu verleihen und ihre Bedeutung   auch für übergeordnete Zusammenhänge deutlich zu machen. 
        Die   Arbeiten, die dabei entstehen, formulieren sich weitgehend im unmittelbaren lokalen   Kontext der jeweiligen Orte. So konterkariert es die übliche Hierarchie von Zentrum   und Peripherie und fordert das Publikum auf, ihm in diese Regionen ausserhalb   der Zentren zu folgen, um die Erfahrungen konkret und vor Ort zu vermitteln und   erlebbar zu machen.
        Out of Sight: Eine Birnenfarm bei   Pusan, Sued-Korea 
        Der erste und hier dokumentierte Teil   des Projekts fand im Sommer 2007 in Korea statt. Dabei bot der künstlergenerierte   Ausstellungsraum "Open Space Bae" in zweierlei Hinsicht eine ideale Plattform:   In relativer Nähe zur Millionenmetropole Pusan liegt die zum Ausstellungsraum   umgebaute Farm in perfekter landschaftlicher Idylle mit direkter Nachbarschaft   zu einer Birnenfarm und einem kleinen Geflügelzüchter, umgeben von Reisfeldern   in einer mehr oder weniger kultivierten Naturlandschaft. 
        Neben   der natürlich erwarteten Einrichtung einer Ausstelllung konzentrierten sich die   KünstlerInnen im Wesentlichen auf die Entwicklung ortsspezifischer Installationen   und Inszenierungen auf ihnen kulturell vollkommen neuem Terrain. Markant war dabei   die nahezu konsequente Verwendung vor Ort vorgefundenen Materialien, Situationen   und Kontexten. Dieses konsequente Arbeiten aus den Recourcen des Ortes heraus   bildete den Hintergrund für die Beschäftigung mit einem Ort, der sich zwar als   Ausstellungsraum vorgestellt hatte, von den KünstlerInnen jedoch als Gelände aufgefasst,   dazu erweitert und als solches interpretiert wurde: nicht nur die großzügige Terrasse   wurde ebenfalls Ort von Interventionen, sonder auch das gesamte Umland. 
        Ein   Spaziergang
        So führte der Weg in die "Ausstellung" zunächst   nicht in den Ausstellungsraum, sondern gleich wieder hinaus aufs Land: gleich   einer Wanderkarte empfing den Besucher beim Eintreffen auf dem Gelände eine Zeichnung   (auf der Seitentür eines Transporters…), die den Rundgang durch das Umland entlang   der Grenzen eines fiktiven Landes nahe legte. Die den Wanderweg markierende Linie   - ein orangefarbendes, örtlich viel verwendetes Kunststoffband, das sich entlang   der gesamten Strecke spannte - führte die einheimische Bevölkerung zunächst durch   ihr eigenes Land -entlang des Blicks der Fremden. 
        Auf   einem vierzigminütigen Spaziergang traf man auf landschaftliche Sequenzen, improvisierte   Orte und lokale Eigenarten, die den Künstlern bemerkenswert erschienen. Vorbei   an agrarisch bewirtschafteten Reisfeldern, landschaftlichen Biotopen und koreanischen   Grabhügeln führt der Weg zu einem Rastplatz, der von Unbekannten als informeller   Zoo gestaltet wurde: Löwe, Giraffe und Tiger säumen mitten im Grün einen Platz,   der offensichtlich zum Grillen dient. Einige Meter weiter findet sich eine informelle   Landbesetzung in Form eines kleinen Feldes mit privatem Gemüseanbau, bevor man   auf die Plantagen der Birnenfarm trifft. Der Farmer, der jede Frucht zum Schutz   vor Ungeziefer schon am Baum mit Papier eingekleidet hat, zeigt noch eine weitere   Vorliebe: am Wegesrand findet sich offen und ungeschützt ein Verschlag, der sich   ausgerüstet mit TV und Gesangsanlage sowie improvisierter Diskothekenbeleuchtung   als informelle Karaoke- Bar entpuppt, die jedem Passanten zur Verfügung zu stehen   scheint. 
        Bevor man das Ausstellungshaus wieder erreicht,   trifft man auf die Intervention eines koreanischen Künstlers. Moo-kyoung Shin   hat ein altes Telegrafenhaus in ein Museum der besonderen Art verwandelt: im gedrängten   Innern finden sich künstlerische Abbilder der ausländischen Künstler, die sich   als kinetische Interpretationen ihrer innerlichen wie äusserlichen Eigenarten   verstehen. Zwischen Vodoo, Marienkapelle und koreanischer Liebe zum Pop- Cultureclash   entwickelt sich hier Multikulturalität neben tiefster Lokalkultur. 
        Auf   dem Rundgang wird die lokale Landschaft einer Interpretation unterzogen, die den   gewohnten Blick der Bewohner auf seine Aufmerksamkeiten hin befragt und Dinge   zwischen Eigenem und Fremden nicht als Wiederspruch artikuliert, sonder als zirkulierende   Gesprächsgrundlage.
        Museum der   Dinge
        Gelangt man am Ende des Rundgangs wieder zum Ausgangsort,   empfängt einen eine Installation, die sich über die gesamte Terrasse erstreckt:   alle, aber wirklich alle Gegenstände, die sich auf ihr befanden sind in einer   30 Meter langen, stringenten Linie museumgleich nüchtern aufgereiht und präsentiert.   Die Arbeit scheint sich dabei jeder Wertigkeit zu enthalten: ob Alltagsgegenstand   oder Plastik, Motorrad oder Putzeimer, Grill oder Werkzeug: alles ist gleichwertig   an Platz und Aufstellung präsentiert.
         Entgegen der Diffusion   des zuvor herrschenden Durcheinanders der Terrasse scheinen die Gegenstände, Artefakte,   Werkzeuge und Skulpturen nun eine eigene Sprache zu entwickeln, die nicht nur   sie selbst gleich sprachlichen Zeichen artikuliert, sondern in den ungewohnten   und manchmal überraschenden Nachbarschaften einen abstrakten Dialog untereinander   beginnen. Die wertfreie Haltung der Inszenierung, die alles mit einschliesst,   was der Ort - sei es bewusst, durch Nachlässigkeit, Unaufmerksamkeit oder Pragmatismus   latent artikuliert, zeugt von dem Respekt, der ein wertendes Eingreifen in die   lokale "Kultur" des Ortes (zum Beispiel durch Wegräumen der hier gefertigten Plastiken   uns nicht bekannter Künstler…) vermeidet und alles mit in die Ausstellung einbezieht.
        Die   Plastik als Aktives Museum: Buffet Local to Local
        Dabei   blieben die Künstler nicht Aussenstehende: um eine Trennung zwischen lokaler und   importierter "Kultur" aufzuheben haben sich die Künstler am Eröffnungsabend selbst   "musealisiert" und als aktive Artefakte in die Arbeit integriert. Nachdem am Anfang   der "Linie" als Willkommen im fiktiven Land ein Stempel die Mitgliedschaft in   der neuen Gemeinschaft signalisierte und mit der Überreichung eines Duftbaumes   in Form des Landes (Duftnote "Birne") besiegelt wurde, führte der Weg den Besucher   entlang der Gegenstände und Artefakte auch zu kulinarischen Genüssen: integriert   in die Reihe und unter Benutzung einiger in ihr vorhandener Gegenstände wurde   ein internationales Menu gekocht, das Speisen aller Herkunftsländer der Beteiligten   anbot: Bowle, Kartoffelsalat und Radi aus Deutschland, Ridikas aus Littauen, Rosenknödel   aus Tirol (deren Konsumation mit Stäbchen interkulturelle Schwierigkeiten zu meistern   aufgab) und koreanischer Schweinebauch vom Grill wurden direkt in der musealen   Skulptur zubereitet. Eine Spezialität kam aus der Türkei: Ilke Ylmaz bereitete   Kebapspiesse aus lokalen Zutaten, die Sie direkt vor Ort gefunden hatte. 
        So   wurde die Arbeit zu einem "aktiven Museum", in dem ein spekulativer interkultureller   Dialog eigenster Prägung über die Sprache der Gegenstände und Akteure hin artikuliert   wurde. Die Statik der Installation wurde dabei immer wieder durch aktive Inputs   konterkariert: In der Mitte schien ein Gegenstand die stoische Ruhe der Anderen   zu unterbrechen und verliess jeweils kurzfristig die Linearität des "Museums":   ein rudimentär ausgestatteter Kinderwagen mit technisch nicht einwandfrei zu identifizierenden   Details evozierte in seiner sonsoren Bewegung ambivalente Bilder zwischen Kindheitserinnerung   und Sprengstoffsatz. Subtil- bedrohlich bewegte sich das Objekt wie von selbst   erst vorwärts, dann rückwärts: durch Sensoren gesteuert kreuzte die Arbeit von   Andreas Geisselhardt als Gegenstand nicht nur die Linie, sondern auch den Weg   der Besucher. 
        Am Ende der Installation integrierte sich   ein bewohntes Zelt von Gabriela Oberkofler in den internationalen Kanon, um ganz   lokale Qualitäten ihrer Heimat nach Korea zu importieren: das am Zelt hängende   Dirndl war nicht der einzige Hinweis auf die Herkunft der Künstlerin, die bei   der Eröffnung als "Singing Scultpure" in der Linie mit Akkordeon und gefestigter   Stimme "Bei uns in Tirol" jodelte. 
        Ihre "Wohnung" war   auch Überleitung und Hinweis zu einer weiteren Arbeit oder Inszenierung: sie lenkte   den Blick auf die im gesamten Gelände verteilten Zelte, die nachts beleuchtet   die Weite des neu gesetzten "Landes" erahnen liessen: über das gesamte Gelände,   das auch der "Spaziergang" durchmaß, verteilten sich die improvisierten Wohnstätten,   die die KünstlerInnen während der zweiwöchigen Entwicklungsphase des Projekts   tatsächlich benutzt hatten. Sie verwandelten sie am Ende in individuelle Skulpturen:   so wurden einige zu heugefüllten Schobern, andere zu besagter Landkarte (der Transporter)   und wiederum andere zu improvisierten Crime-Sites. 
        Gastgeschenk:   Import eine Ausstellung
        Bei dieser Intensität kontextbezogener   Projekte trat der eigentliche Ausstellungsraum dennoch nicht in den Hintergrund:   die hier gezeigten Arbeiten bildeten den künstlerischen Hintergrund, vor dem sich   die Gemeinschaftsarbeiten entwickelten. So konnte anhand von ebenfalls im thematischen   Rahmen, aber in individueller Handschrift gefertigten Arbeiten, auch ein individueller   Background des Projekts erstellt werden.
         So hatte Ilke   Yilmaz eine Arbeit importiert, die sich an die ambivalenten Konnotationen auch   eigener Migration richtet: ein Koffer als typischer Minimalraum des Reisenden,   der in ihm die Rudimente seiner Identität sammelt, atmete in sonorer und intimer   Stille gleich einem Körper, der seinem originären Kontext entzogen ist. 
        Kestas   Svirnelis, dessen Identität sich momentan ebenfalls durch - jedoch selbstgewähltes   - Reisen bestimmt, beobachtet in seinen Fotoarbeiten sein jeweils kulturell changierendes   Umfeld und realisierte einen Kulturimport zwischen seinem letzten "Hostland" und   Korea: nur der Typ der abgebildeten Models von spanischen Werbeflächen durchbricht   die universale Sprache globaler Werbeträger und lässt eine lokale Verortung zu. 
        Gabriela Oberkofler kehrt das Innere ihres Zeltes in   die Ausstellung: im ambivalenten Wechselspiel von lokaler Identität und touristischer   Perspektive auf als lokal angenommene Zeichen (Berg, Dirndl, Akkordeon) öffnet   sich ihr Koffer aus der Heimat. Auch im bereitstehenden Video zeigt sich die Ambivalenz   von Identität und Wunschvorstellung, Original und Imitation: offensichtlich nur   im Videoschnitt erfüllt sie sich virtuell den Traum vom großen Auftritt mit den   Heroen ihrer Heimat, den "Kastelhuther Spatzen". Ob diese Form alpiner Karaoke   in Korea als kulturelle Analogie wahrgenommen wird, konnte von uns nicht vollständig   geklärt werden.
         Jang-young Jung, der wesentlich an der   Organisation dieses Teils des Projekts beteiligt war, eröffnete einen Ort, der   sich auf eine lokale Eigenart des ländlichen Umfelds bezog: Insekten, die weit   über die Größe der in unseren Breiten heimischen Exemlpare hinausgeht, machen   den Aufenthalt in der Peripherie manchmal mühsam. Seine Arbeit, die über helles   Licht Insekten nicht nur anzog, sondern sie auch gleich exekutierte, war insofern   doppeldeutig: Der Untersuchungstisch, der sich mit Nummerierungen und Umrisszeichnungen   der Delinquenten offensichtlich wie der Ort eines zu untersuchenden Verbrechens   ausgibt, ist gleichzeitig der Täter und verfolgt sich somit selbst. 
        Im   Zentrum der Ausstellung befand sich wiederum eine Gemeinschaftsarbeit: Im Kreis   nach aussen gekehrt zeigten 5 Monitore die Porträts der Künstler. Der scheinbar   unbeteiligte Gesichtsausdruck legt eine gewisse Langeweile im Diskurs mit sich   selbst nahe. Diese in sich gekehrte Selbstbeschäftigung steht im Kontrast zum   vitalen Klang, der der Arbeit entspringt: gleich einem Konzert sind die Stimmen   der Protagonisten nahezu orchestral zusammen zu hören, die die Namen der jeweils   anderen rufen. So ergibt sich im Raum ein choraler Sprechgesang, der die Individualität   im Namen negiert und als gemeinsames Ereignis intoniert. Während die Konterfeis   im Video gelangweilt mit sich selbst isoliert zurückbleiben, entspringt der Gruppe   ein Ruf, der über den Einzelnen hinausgeht und einen auffordert, sich selbst im   anderen zu entkommen.
        Perspektiven
        Diese   Distanzierung vom Einzelnen zugunsten eines zirkulierenden Austauschs auch gerade   mit neuen kulturellen und lokalen Hintergründen wäre der Fokus dieser Ausstellung   und der folgenden Projekte: wie kann sich künstlerische Arbeit als gemeinsames   Ereignis konstituieren, das die egomanische Produktion der Märkte hinter sich   lässt und zu einer Sozialität gerade auch der Produzenten führt, die sich intensiv   mit ihrem jeweiligen Kontext verbindet und aus ihm heraus Statements produziert,   die neue Perspektiven im Umgang mit neuen Räumen auswirft? Diese Frage wird im   folgenden eine grosse Rolle nicht nur für die KünstlerInnen spielen.